Welche*r Musiker*in hat dich am meisten beeinflusst?
Am meisten hat mich Stéphane Grappelli beeinflusst, weil sein Musizieren so natürlich ist und vor allem von Herzen kommt.
Was kannst du mir auf deinem Instrument besser beibringen als alle anderen Lehrer*innen?
Die Improvisation.
Wie hast du dein Instrument spielen gelernt?
Im Alter von sechs Jahren, nachdem ich ein Jahr lang bei meinen Eltern darauf bestanden hatte, meldeten sie mich für eine klassische Musikausbildung in der Klasse von Frau Geneviève Monticelli an der Musikschule des Nord Est Vaudois in Yverdon-les-Bains an. Nach einigen Jahren in ihrer Klasse wurde ich am Konservatorium von Neuchâtel aufgenommen, zuerst in die Klasse von Frau Anne Bauer und dann von Frau Denitza Kasakova. Im Alter von 18 Jahren begeisterte ich mich für Jazz und Improvisation. Ich schrieb mich an der Scuola di Musica Moderna in Lugano in der Klasse des Geigers Luca Campioni ein und besuchte anschließend die EJMA in Lausanne in der Klasse des Pariser Geigers Pierre Blanchard, der mit dem Geiger und Begleiter von Django Reinhardt, Stéphane Grappelli, befreundet war. Später studierte ich an der Hochschule der Künste in Bern. Ich besuchte Kurse in Jazz-Improvisation bei Musikern wie Andy Scherrer, Francis Coletta und Benjamin Schmid. Über den institutionellen Rahmen hinaus habe ich unzählige Reisen und musikalische Kollaborationen auf der ganzen Welt unternommen. Vor allem in Europa, den USA und dem Nahen Osten. So lernte ich die Geige durch den Kontakt mit meinen Lehrern spielen, aber auch durch den Austausch mit div. Musiker:innen auf meinen Reisen. Dies waren vor allem Musiker:innen, die mit Herzblut spielten, die mich begeisterten und die ich zu imitieren begann.
Auf welchem Equipment spielst du heute?
Auf einer deutschen Kopie von 1860 einer Carlo Bergonzi Geige. Als ich 13 war, habe ich verschiedene Geigen ausprobiert und schliesslich diese gewählt, weil mir ihr Klang so gut gefallen hat. Bis heute bin ich ihr treu geblieben. Ich spiele auf Obligato-Saiten. Geht es darum, den Klang zu verstärken, suche ich einen eher akustischen Klang. Aus diesem Grund verwende ich ein Mikrofon der Marke DPA mit einem Yellow-Vorverstärker der Marke Schertler. Für Situationen mit hoher Lautstärke verwende ich ein Dyn V-Set der Marke Schertler. Ich spiele mit AER- Verstärkern für Akustik und Roland, wenn ich einen jazzigeren Sound brauche, da die Roland-Verstärker keinen „Tweet“ haben, was einen wärmeren Sound ergibt.
Welche persönliche Eigenschaft hat dir beim Üben am meisten geholfen?
Sensibilität, Ausdauer, Neugierde, Opferbereitschaft, meine Offenheit, Respekt vor meinem Beruf.
Was hat dein Instrument, was andere nicht haben?
Die Geige ist ein Instrument, das sich für wirklich alle Musikstile eignet. Sie ist überall zu finden. Sie ist in de klassischen Musik, im Jazz, in der Volksmusik und sogar in der elektronischen Musik oder im Metal zu finden. Ich mag viele verschiedene Stile, für mich ist die Geige ein Passepartout. Ein Mittel, um in verschiedene Welten zu reisen.
Worauf achtest du besonders beim Unterrichten?
Es ist sehr wichtig, dass die Schüler*innen die Informationen, welche ich vermittle verstehen kann. Aus diesem Grund muss man sich die Zeit zum Erklären nehmen und die nötige Geduld für die Schwierigkeit des Lernens haben. Es ist auch klar, dass jeder Tag ein anderer Tag ist, und ich passe mich gerne der Stimmung und den Wünschen meiner Schüler*innen an. Ich find es jedoch sehr wichtig, ein Notizbuch zu führen und zu wiederholen, was in der letzten Stunde gemacht wurde, damit einem roten Faden gefolgt werden kann. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich mit der Stunde zufrieden bin, wenn der Schüler/die Schülerin mit einem zentralen Thema im Kopf und konkretem Material nach Hause geht, an dem er/sie bis zum nächsten Treffen arbeiten kann.
Wie baust du deine Musikstunden auf?
Mein Unterricht basiert auf Jazz und Improvisation mit der Violine. Dies besteht aus dem Erlernen von Akkordfolgen und deren Analyse, von rhythmischen und melodischen Mustern, die auf den Konzepten der pentatonischen, heptatonischen, oktotonischen und chromatischen Tonleitern basiert sind. Außerdem werden spezifische Arpeggios und Ansatznoten erlernt In meinem Unterricht werden wir auch mit Soloaufnahmen von Musiker:innen und deren detaillierter Analyse arbeiten. Abgesehen von den theoretischen Aspekten glaube ich fest an die mündliche Überlieferung. Je nach Wunsch des Schülers/der Schülerin arbeite ich auch gerne an der freien Improvisation und der Erarbeitung freier Konzepte.
Wie gehst du bei Kindern vor?
Der Zugang zum Geigenspiel mit einem Kind ist ganz anders als der mit einem Erwachsenen, der über eine vollendete Geigentechnik verfügt. Ich bewundere die Lehrer, die mir die ersten musikalischen Kenntnisse vermittelt haben, sehr. Ich meinerseits überlasse dies denjenigen, die die Geduld und das Talent dazu haben.
Was war bis anhin dein tollstes Erlebnis als Musiker*in?
Ich hatte in meiner Karriere enorm viele phänomenale Momente. Ich glaube, mein schönstes musikalisches Erlebnis war die Tournee, die ich mit Justin Clarks Band « Tranzient Ensemble » durch den Nordosten der USA machen durfte. In der Tat habe ich die effizient Arbeitsweise der Amerikaner sehr geschätzt. Sie ist sehr einfach und effektiv. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich diese Erfahrung wiederholen könnte.
Welches war die grösste Bühne, auf der du gespielt hast?
Die Hauptbühne des Zürich Openairs.
Mit welcher*welchem Musiker*in würdest du gerne einmal spielen?
Es gibt so viele Musiker, mit denen ich gerne spielen würde. Es fällt mir schwer, sie hier alle aufzuzählen. Vielleicht einer von allen; Jean-Luc Ponty.
Welche eine Platte würdest du auf die einsame Insel mitnehmen?
«Stéphane Grappelli at the Winery» mit Stéphane Grappelli (Geige) / John Etheridge (Guitar) / Martin Taylor (Guitar) / Jack Sewing (Bass) 1981 Concord Jazz. Diese Platte hat mich derart fasziniert, dass ich unbedingt Musiker werden wollte.
Auf welcher Bühne würdest du am liebsten spielen oder spielst du am liebsten?
Ich würde sehr gerne die Gelegenheit haben, im Vanguard Village in New York spielen zu können.
Was ist neben der Musik noch wichtig in deinem Leben?
Freiheit.